Quantcast
Channel: Wohnquartier Zukunft »ökostrom
Viewing all articles
Browse latest Browse all 3

Hamburger Energiebunker

$
0
0

Im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg wurde im Rahmen der Internationalen Bauausstellung IBA ein maroder ehemaliger Flakbunker einer neuen Bestimmung zugeführt. Das seit Kriegsende nahezu ungenutzte Bauwerk wurde saniert und zu einem regenerativen Kraftwerk mit Großwärmespeicher ausgebaut. Der Energiebunker speist nun Strom in das Hamburger Verteilnetz ein.

1943 als propagandistisches Symbol für die Wehrhaftigkeit der Heimatfront errichtet, wurde der Flakbunker im Jahr 1947 von der britischen Armee durch eine gezielte Sprengung im Inneren völlig zerstört. Sechs der acht Etagen stürzten dabei ein, der Rest war nicht mehr ohne Gefahr zu betreten. Nur die äußere Hülle aus Stahlbeton mit ihren bis zu drei Meter dicken Wänden und bis zu vier Meter dicken Decken blieb nahezu unzerstört. Eine weitere Nutzung des Gebäudes war aber nahezu ausgeschlossen.

Nun ist das einsturzgefährdete Gebäude im Rahmen der IBA Hamburg saniert und in einen “Energiebunker” umgwandelt worden.

Mahnmal als Energiebunker

Das Gebäude wird mit der Solarhülle auf dem Dach und an der Südseite zum weithin sichtbaren Energiebunker und ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einer erneuerbaren Energieversorgung der Elbinseln. Mit einer intelligenten Verknüpfung der Energieerzeugung aus Solarenergie, Biogas, Holzhackschnitzeln und Abwärme aus einem benachbarten Industriebetrieb soll der Energiebunker zukünftig einen Großteil des Reiherstiegviertels mit Wärme versorgen und gleichzeitig erneuerbaren Strom in das Stromnetz einspeisen. Im Endausbau wird der Energiebunker circa 22.500 Megawattstunden Wärme und fast 3.000 Megawattstunden Strom erzeugen. Das entspricht dem Wärmebedarf von circa 3.000 Haushalten und dem Strombedarf von etwa 1.000 Haushalten. Damit wird eine CO2-Einsparung von 95 Prozent erreicht, das sind circa 6.600 Tonnen CO2 im Jahr. Als lokales Kraftwerk ist der Energiebunker auch ein Beispiel für eine dezentrale Energiepolitik, die Arbeit und Einkommen vor Ort schafft.

Anklicken um

Innovative Technik, intelligent vernetzt

Kern des Projektes ist ein großer Wärmespeicher, der in einem ehemaligen Flakbunker errichtet wurde. Zukünftig wird er durch die Integration unterschiedlicher umweltfreundlicher Wärme- und Stromerzeugungsanlagen als Energiebunker die Versorgung eines Stadtgebietes von mehr als 1,2 Quadratkilometer (120 Hektar) Größe übernehmen. Der Großpufferspeicher mit dem vorgesehenen Fassungsvermögen von insgesamt 2.000.000 Litern (2.000 Kubikmetern) ist die zentrale Innovation des Projektes. Er wird durch die Wärme eines biomethanbefeuerten Blockheizkraftwerks (BHKW), einer Holzfeuerungsanlage und einer solarthermischen Anlage sowie aus der Abwärme eines Industriebetriebes gespeist. Aufgrund der Pufferwirkung des Speichers wird eine starke Reduktion der zu installierenden thermischen Erzeugerleistung von 11 auf 6,5 Megawatt erzielt und der wirtschaftliche Einsatz erneuerbarer Energien innerhalb des Wärmeversorgungskonzeptes ermöglicht.

Das Konzept ist weltweit einmalig – an ihm können Erkenntnisse über die Praxistauglichkeit der eingesetzten Regel- und Hydrauliktechnologien gesammelt werden. Außerdem wird bereits jetzt im Rahmen von SMART POWER Hamburg an einer Erweiterung des Projektes geforscht. Im Speicher könnte zukünftig überschüssiger Windstrom aus Norddeutschland in Wärme umgewandelt werden (Power to Heat) oder in windschwachen und sonnenarmen Zeiten Wärme aus einem zusätzlichen Blockheizkraftwerk eingespeist werden, welches dann zur Stromerzeugung genutzt würde.

Die Gesamtkosten für das Projekt belaufen sich auf rund 27 Mio. Euro, wovon etwa 11,7 Millionen Euro auf die Technik und das Wärmenetz entfallen (ohne Solarhülle). Diese werden von der Europäischen Union mit ca. 3,1 Mio. Euro aus EFRE-Mitteln (Europäischer Fonds für regionale Entwicklung) gefördert. Die Solarhülle wird darüber hinaus mit Mitteln aus dem Hamburger Klimaschutzkonzept gefördert.

Die Komponenten der Energieversorgung im Überblick

  • Effizienter und großmaßstäblicher Einsatz erneuerbarer und regionaler Energie
  • Gleichzeitige Erzeugung von Strom und Wärme durch Kraft-Wärme-Kopplung auf Basis von Biomethan
  • Speicherung von (Wärme-)Energie zum Ausgleich der nicht regelbaren Sonnenenergie und zur Erhöhung der Stromerzeugung im Blockheizkraftwerk in einem ca. 2.000 Kubikmeter großen Speicher im Inneren des Bunkers
  • Nutzung der Solarenergie in einer Großanlage mit ca. 2.000 Quadratmetern

Café mit Aussicht – Café <vju>

In einem der Flaktürme ist das Café <vju> mit einer besonderen Aussichtsterrasse eingerichtet worden: Die um das gesamte Gebäude herumlaufende Kragplatte in 30 m Höhe erlaubt einen 360-Grad Blick über (fast) ganz Hamburg. Von hier oben wird besonders deutlich, wie spannend und abwechslungsreich die Elbinsel tatsächlich ist. Und das zweite Großprojekt im Leitthema Stadt im Klimawandel liegt quasi auf Augenhöhe: Der Energieberg Georgswerder östlich des Energiebunkers mit seinen großen Windturbinen und Hamburgs größter Freiflächen Photovoltaikanlage.

Ausstellung zur Geschichte des Bunkers

In enger Kooperation mit der Geschichtswerkstatt Wilhelmsburg & Hafen wurde eine beeindruckend Ausstellung zur Geschichte des Flakbunkers und seiner Transformation zum Energiebunker erstellt. Die Besucherinnen und Besucher begeben sich auf eine spannende Entdeckungsreise, die im Rothenhäuser Feld beginnt und auf Ebene 10 im Energiebunker endet und durch die Zeit der Entstehung des Flakbunkers im 2. Weltkrieg und dem Umbau durch die IBA Hamburg leitet. Eine Begleitbroschüre kann im Energiebunker erworben werden.

Die Ausstellung ist vom 24. März bis 3. November 2013, täglich (außer Dienstags) von 10-18 Uhr geöffnet. Eintritt: 1 Euro Bon für das Panorama-Café <vju>.

Meilensteine des Projekts

  • 2006 – 2009: Konzeptentwicklung
  • 2010: Bauwerksuntersuchung und Notsicherung
  • März 2011: Sanierungsbeginn und Schuttberäumung aus dem Inneren
  • Oktober 2011: Sanierung der Fassade
  • Frühjahr 2012: Beginn des Baus der Energiezentrale (HAMBURG ENERGIE)
  • Oktober 2012: Beginn des Baus der Solarhülle (HAMBURG ENERGIE)
  • Oktober 2012: Beginn der Wärmelieferung
  • März 2013: Fertigstellung Gebäude
  • 23. März 2013: Eröffnung Café <vju> und Ausstellung


Viewing all articles
Browse latest Browse all 3

Latest Images

Trending Articles